Kürzlich stolperte ich bei YouTube über eine Anleitung für ein süßes Amigurumi, einen Kaktus. Wolle hatte ich noch rumfliegen und am Rosenmontag war er fix gemacht und ziert nun als Nadelkissen meinen Nähtisch.
Seither häkele ich wieder und zwar mit Begeisterung! Nicht nur, dass häkeln oder stricken für mich eine Art Meditation darstellt, sondern auch, dass ich mit meinen zwei Händen etwas herstellen und obendrein auch noch tragen kann, macht mich soooo zufrieden. Während ich so vor mich her häkele, gehen mir in den letzten Tagen viele Gedanken durch den Kopf, kommen Erinnerungen wieder in mein Gedächtnis. Auch die Frage, warum meine beiden Schwestern keine Handarbeiten oder kreativen Dinge machen…
Als ich klein war, arbeitete meine Mutter in Heimarbeit für einen Bekleidungshersteller. Die Industrie-Nähmaschine stand im Keller unter der Treppe und während Mama mit beiden Füssen die breite Pedale betätigte, um Damenkleider zusammen zu nähen, saß ich auf der Treppe und schaute ihr zu.
Ich mochte das gleichmäßige Schnurren der Maschine und war einfach nur fasziniert vom Selbermachen.
„Willst du Mama helfen?“ fragte sie mich und zeigte mir, wie ich die gerade zusammen genähten Kleidergürtel wenden soll. Da saß ich nun mit einer langen Stricknadel und einigen schlaffen Stücken Stoffschlauch auf der Treppe. Ich war so stolz, das weiß ich noch, ICH konnte mitmachen, ich half! Die Stricknadel steckte ich nach und nach die auf links zusammen genähten Gürtel, raffte sie auf und wendete alle auf rechts.
Das ist meine erste Erinnerung an Handarbeiten. Eine positive und schöne Erfahrung. Meine Mama nähte auch unsere Kinderklamotten selbst, ich erinnere mich noch gut an die Schnittmuster-Kataloge, die sie im Kaufhaus durchblätterte – es gab bei uns immer tolle Materialien wie Stoffe, Bänder, Knöpfe, Garne usw.
Mit 11 oder 12 Jahren lernte ich dann das Stricken von ihr (später in der Schule das Häkeln) und wollte unbedingt ein größeres Projekt in Angriff nehmen. Sie nahm mich mit in ein Wollgeschäft, wo ich mir ein Modell aussuchen durfte. Da war er: DER Pullover, den ich stricken wollte, das ist er! Nix Einfaches NÖ! sondern ein ganz besonders kompliziertes Gebilde, welches von Ärmel zu Ärmel in einem Stück mit mehreren Strickmustern erstellt werden wollte.
Meine Mutter äußerte ihre Bedenken ob der Kompliziertheit und gab letztendlich nach, als ich versicherte, dass ich das schaffen werde. Ein zartes Apricot suchte ich mir aus, die Wolle war schön flauschig.
Was soll ich sagen?? Es war ein Monsterprojekt, aber ich habe den Pullover gestrickt! Und ich habe ihn geliebt, so lange, bis ich rausgewachsen war.
Dann folgte das alltägliche Leben: beste Freundin, Pubertät, Jungs, erste ernste Beziehungen, Abitur, Studium, Heirat, Arbeit, Alltag eben und 40 Jahre später fange ich wieder ernsthaft mit der Handarbeit an.
Klar habe ich zwischendurch mal gestrickt oder gehäkelt, aber nie etwas zu Ende!
Es hat mich einfach nie wieder so gepackt und schnell gelangweilt…
Und während ich hier schreibe, liegen schon ein fertiges Vorderteil und ein zur Hälfte gehäkeltes Rückenteil eines Sommer-Cardigans im Raum. Ich häkele morgens, wenn ich beim Kaffeetrinken Youtube-Videos anschaue oder abends vor der Glotze und bin zufrieden mit mir. Abgesehen davon, glaube ich ganz fest daran, dass ich diesmal etwas fertigstellen werde.
Die Anleitung habe ich übrigens bei Youtube gefunden und Du kannst sie hier ansehen
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